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Der unbeirrbare Alltagsyogi Nr. 7


Der unbeirrbare Alltags Yogi


...hat ja nun schon ganz schön viel gelernt und ordentlich durchgehalten. So grübelt der entschlossene Yogi über das unbeirrbare yogische Leben nach, während er im Schein des vollen Mondes etwas verzweifelt versucht, Schlaf zu finden. Was für ein komischer Ausdruck überhaupt: “Schlaf finden”...so als müsste er sich auf die Suche machen nach etwas, das doch ganz natürlich kommen sollte. Kann man Schlaf überhaupt finden? Er überlegt, wo er sich am besten auf die Suche machen müsste, um den Schlaf zu finden...in irgendsoeiner eingestaubten Ecke (ui, davon hat er viele im Haus) oder hinterm Regal oder vielleicht im Kühlschrank? Da er keine wirkliche Idee bekommt, wo er anfangen soll, lässt er dieses Unterfangen mal lieber bleiben. Er sinniert darüber nach, wie oft er etwas sucht...naja, seinen Haustürschlüssel schon sehr regelmässig aber da gibt es ja auch nicht ganz so greifbare Dinge wie das Glück oder die Lebensfreude. Dafür hat er sich schon mächtig angestrengt in seinem Leben aber so wirklich gefunden hat er sie nicht. Was wäre, überlegt der unbeirrbare Vollmond-Yogi, wenn er einfach damit aufhören würde, finden zu wollen...also mal rein praktisch: wieviel Stress würde es ihm ersparen, statt suchend umherzurennen, einfach damit aufzuhören. Mit ein bisschen Glück ist es dann vielleicht so wie mit dem Haustürschlüssel: wenn er aufhört, hektisch umherzulaufen und in Ruhe drüber nachdenkt dann taucht plötzlich meistens der Schlüssel wie herbeigezaubert wieder auf. Kann es sein, dass es im yogischen Leben auch so eine Zauberformel gibt? Magier müsste man sein...auf der einen Seite heisst es, man muss sich anstrengen, um so ne Routine wie die Yogapraxis auszuüben und dann wiederum heisst es auf der anderen Seite, dass man nicht suchen, also Loslassen soll. Wie passt das denn zusammen.

Schon ne ganze Weile hat er sie nicht mehr gehört, diese Stimme aber jetzt, wo er fragend dasitzt freut er sich, als es in seinen Ohren klingel:

“Das sind zwei sehr wichtige Richtungsweiser im Leben: sich zu bemühen aber nicht zu verlangen...sich auszurichten aber nicht festzuhalten...das fängt bei deiner Asanapraxis an: du gibst dein Bemühen hinein, um nach deinen besten Möglichkeiten in die Erfahrung zu gehen aber belässt es beim “gut genug”, und hälst nicht an Ergebnissen fest. Wenn du diese Weisheit verinnerlicht hast, wird sie dich im Leben leiten.”

Schon sehr in die Yogaphilosophie eingestiegen kommt dem unbeirrbaren Alltagsyogi schnell ne Idee dazu: ja klar, das ist es...das Bemühen ist eine Sache aber das Bemühen selbst ist nicht anstrengend...nur wenn das Bemühen eine bestimmte Absicht hat, dann kann es krampfig werden...das kennt der entschlossene Alltags Philosoph von seinen Muskeln, die manchmal alles mitmachen wollen, was er ihnen aufträgt und ein anderes Mal stellen sie sich einfach quer...das ist nämlich dann, wenn er unbedingt eine bestimmte Asana hinkriegen will aber sein Körper (oder sein Kopf) noch gar nicht bereit dazu ist. Und wieder mal kommt ihm der altbekannte, fast abgeroschene aber irgendwie doch wahre Spruch in den Sinn “der Weg ist das Ziel”...zu gehen und nicht zu wollen...eine Richtung einzuschlagen aber nicht am Ziel festzuhalten.

in diesem Moment scheint es ihm gar nicht so abwegig, dass er den Schlaf nicht finden kann, weil er angestrengt an seinen Gedanken und der Dringlichkeit, der Schlaf müsse doch jetzt endlich kommen, festhält. Und nicht nur das: er hält auch unbeirrbar an allen Ereignissen des Tages, der letzten Tagen und vielleicht sogar der letzten Wochen fest. Das scheint was mit Akzeptanz zu tun zu haben….Ohje, dämmerst es ihm: Akzeptan - das ist ne grosse Sache, die schon bei Kleinigkeiten beginnt. Aber tatsächlich: was hilft es ihm, dagegen anzukämpfen, was gerade anders ist, als er es sich wünscht? Er überlegt weiter und meint, dass es wohl auch was mit Flexibilität zu tun hat...also nicht nur im Körper...die kriegt er meistens schon ganz gut hin...aber auch in seinem Kopf...und da wird ihm bewusst, wie starr manchmal sein Denken in eine Richtung geht und wie wenig er Dinge akzeptieren kann, die in eine andere Richtung gehen. Das ist dann wie ein starrer Sog, der ihn immer wieder in diese bestimmte Richtung zieht und gar kein noch so klitzekleiner alternativer Gedanke aufkommen darf. Vor lauter Begeisterung über seine eigenen philosophischen Erkenntnisse hüft der akzeptierende Alltagsyogi mehrmals in seinem Bett auf und ab. Dann bleibt er still liegen und bemerkt, dass es tatsächlich still wird. Er hört seinen Atem...dieses gleichmässige aus-und ein und während er so diesem Geräusch lauscht und keinen weiteren Gedanken darauf verschwendet, er müsste den Schlaf finden, hüllt ihn eine friedvolle Schwere ein und er sinkt tiefer und tiefer – in seine Matratze und seine Träume.

Jetzt wird klar, worin die Kraft des Vollmondes liegt: er bringt kühlendes Licht in die nachtfinsteren Gedankengeister, so dass man erkennen kann, dass die Geister in Wirklichkeit nur Schatten an der Wand sind.

Das macht es leichter, zu entspannen, weil man muss ja dann keine Angst mehr haben...es zeigt sich immer wieder, dass die düsteren Gestalten, die so gerne in der Dunkelheit hausen nichts anderes sind, als Bewegungen in unserem Geist, die nur noch nicht genauer beleuchtet wurden.

Mit einem weichen Lächeln im Gesicht überlässt der philosophierende Alltagsyogi seine Gedanken und den Tag der Stille der Nacht um nun Erholung und Ruhe zu finden.

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